Was ist die Kalte Progression?
Über eine Gehaltserhöhung freut sich wahrscheinlich jede:r. Mindestens genauso sehr müsste sich das Finanzministerium freuen. Und das liegt an der Kalten Progression. Denn die ist nichts anderes als eine versteckte Steuererhöhung.
Wer mehr verdient, zahlt mehr Steuern
In Österreich gibt es progressive Steuertarife. Das bedeutet: Wenn du mehr verdienst, zahlst du höhere Steuern als jemand, der weniger verdient. Das klingt zunächst mal gerecht. Gehen wir es aber mal der Reihe nach durch.
Die sechs verschiedenen Steuertarife sehen so aus:
Einkommen in € | Steuersatz |
Weniger als 11.000 | 0 % |
11.000 – 18.000 | 20 % |
18.000 – 25.000 | 32,5 % |
31.000 – 60.000 | 42 % |
60.000 – 90.000 | 48 % |
90.000 – 1.000.000 | 50 % |
ab 1.000.000 | 55 % |
Quelle: BMF
Einkommenssteuer einfach zum Nachrechnen
Anna verdient pro Jahr 23.000 Euro brutto, wovon nur die ersten 11.000 Euro steuerfrei sind. Für die restlichen 12.000 Euro fällt Einkommenssteuer in zwei verschiedenen Steuertarifen an. Ihr Arbeitgeber überweist ihr daher nur insgesamt 19.975 Euro im Jahr. 3.025 Euro sind Einkommenssteuer (ESt.) und gehen ans Finanzamt.
Der Steuerbetrag errechnet sich so:
20 % von € 7.000 = € 1.400
32,5 % von € 5.000 = € 1.625
Gesamt-ESt. = € 3.025
‚Steuer auf die Inflation‘
Bruttogehälter und -löhne werden üblicherweise jedes Jahr an die Inflation- die Teuerungsrate – angepasst. Das Mehr an Geld wird aber mit dem jeweils höchsten Steuersatz besteuert. In Annas Fall werden deshalb 32,5 % der Gehaltserhöhung wieder abgezogen.
Wegen der Besteuerung im höchsten Tarif liegt der Betrag, den man aufs Konto bekommt, eigentlich immer unter der Inflationsrate. Weil aber alles teurer wird, kann man sich weniger leisten, und das trotz der Einkommensanpassung.
Einkommensgrenzen bleiben gleich: Das ist Kalte Progression
Während rundherum die Preise steigen, bleiben bei der so genannten Kalten Progression die Einkommensgrenzen für die Steuertarife unverändert. Das ist eigentlich nicht logisch.
Würden die Tarifstufen an die Inflation angepasst, so wie die Mietpreise, die Preise für Lebensmittel und andere Güter, dann würden die Gehälter und Löhne real zumindest gleichbleiben. Das heißt: Man könnte sich durch eine Gehaltsanpassung an die Inflation wenigstens das Gleiche leisten wie vorher.
Zu ihrem Video hat die Agenda Austria auch einen Artikel veröffentlicht, der die Kalte Progression noch detaillierter beschreibt und erklärt, was bzw. wie viel das Finanzministerium davon hat, beim Prinzip der Kalten Progression zu bleiben.